Weinfelden, 12.9.23 (Red.). Am 12. September 2023 hat das Forschungsteam der Universität Zürich den Schlussbericht des Pilotprojekts zu sexuellem Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz veröffentlicht. Der Kirchenrat der katholischen Landeskirche Thurgau hat dazu eine Stellungnahme verfasst. Zudem äussert sich Kirchenratspräsident Cyrill Bischof in einer persönlichen Videobotschaft zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche Schweiz.
Stellungnahme des Kirchenrats
Die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK), die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) und die Konferenz der Vereinigungen der katholischen Orden und weitere Gemeinschaften des gottgeweihten Lebens in der Schweiz (KOVOS) haben vor rund einem Jahr gemeinsam ein Pilotprojekt zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche Schweiz ab dem Jahr 1950 bei der Universität Zürich in Auftrag gegeben.
Am 12. September 2023 hat das Forschungsteam der Universität Zürich den Schlussbericht des Pilotprojekts zu sexuellem Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz veröffentlicht. Das Forschungsteam hat in den kirchlichen Archiven und in Gesprächen mit Betroffenen Unterlagen und Aussagen ans Licht gebracht, die auf das Ausmass der Taten und das Leid der Betroffenen schliessen lassen. Zugleich weisen sie auf menschliche Fehlleistungen, grobfahrlässiges bis verantwortungsloses Handeln und das systemische Scheitern der kirchlichen Institutionen hin. Bereits im Frühjahr 2023 haben die Auftraggeberinnen das Folgeprojekt für die Jahre 2024 bis 2026 genehmigt, welches weitere und insbesondere vertiefte Informationen liefern soll. Das Thema wird sowohl die Katholische Kirche in der Schweiz als auch die Landeskirche Thurgau über die kommenden Jahre hinweg beschäftigen.
Der Kirchenrat der Katholischen Landeskirche Thurgau unterstützt die historische Aufarbeitung bedingungslos und begrüsst, dass die Verantwortungsträgerinnen der Kirche Schweiz – SBK, RKZ und KOVOS – gemeinsam auftreten und miteinander Konsequenzen ziehen und Massnahmen ergreifen. Im Rahmen des weltweit einzigartigen Systems der dualen Kirchenstruktur, ist die Landeskirche in engem Kontakt mit den Verantwortlichen des Bistums Basel und stimmen die zu ergreifenden Massnahmen miteinander ab, mit dem Ziel, dem sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche noch entschiedener entgegen zu wirken.
Es ist beschämend, dass sich die Kirche immer wieder mit Missbrauchsfällen auseinandersetzen muss. Vielen Menschen wurde grosses Leid angetan. Die Institution Kirche hat gravierende Fehler gemacht und hat hier doppelt versagt: Erstens, dass es zu Missbrauchsfällen gekommen ist, und zweitens, dass diese vertuscht wurden.
Die Aufklärung von Missbrauchsfällen ist ein anspruchsvolles Thema, es ist jedoch an der Zeit, dass die Kirche Schweiz sich der Wahrheit stellt und ihre Verantwortung wahrnimmt. Dies ist sie den Opfern, den Angehörigen von Opfern aber auch allen Gläubigen schuldig. Die Landeskirche Thurgau wird sich dafür einsetzen, dass den Opfern Gerechtigkeit zukommt und Unterstützung geboten wird und die Täter oder Täterinnen zur Rechenschaft gezogen werden. Weiter gilt es die strukturellen Defizite und die grundlegenden systemischen Fehler auszumerzen.
In Zukunft müssen alle Verantwortungsträger und Verantwortungsträgerinnen der Katholischen Kirche Schweiz entschiedener ihre Verantwortung übernehmen und Konsequenzen ziehen. Die katholische Landeskirche Thurgau fordert und unterstützt dies aktiv und wird nicht müde werden, für die Forderung nach strukturellen Veränderungen einzustehen, dies zum Dienst einer glaubwürdigen Katholischen Kirche.
Trotz aller Wut und Enttäuschung plädieren die Verantwortlichen der Landeskirche Thurgau dafür, dass weder die Katholische Kirche generell, noch einzelne Personen unter Generalverdacht gestellt oder vorverurteilt werden.
Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und ihren Angehörigen.
Weinfelden, 12.09.2023
Der Kirchenrat der Katholischen Landeskirche Thurgau
Mehr Infos auf: www.kath-tg.ch/missbrauch und www.missbrauch-kath-info.ch